Das lange lange Nichts und die Reservierung für die Bahn

Ein „Eisenbahntor“ gab es zwar unter diesem Namen nicht. Aber mit dem Bau der Eisenbahn – die nur an diesem leeren Ort entstehen konnte – musste hier als Kontrollpunkt eine Durchfahrt geschaffen werden, die nur für die Züge nutzbar war.

Der Mauerabschnitt vom Frankfurter Tor zum Stralauer Tor war mit knapp zwei Kilometern weitaus die längste Strecke zwischen zwei Toren der Akzisemauer. Dieser heute so szenige Ort war damals ein ganz unwichtiger und menschenleerer Teil von Berlin und geprägt durch Sumpf und grüne Wiesen. Diese Bedeutungsarmut spiegelte sich auch in der Namensgebung wider: Die heutige Marchlewskistraße, die zwischenzeitlich, bis 1953, “Memeler Straße” hieß, hatte lange den unscheinbaren und holprigen Namen „Zwischen Frankfurter Tor und Stralauer Tor“.

In keinem Abschnitt war die Bebauungsdichte bis zum Abriss der Mauer so niedrig.  Symptomatisch dafür ist der Umstand, dass es an dieser Stelle nur eine Begleitstraße an der Mauer gab, die sogenannte “innere Communication”, während in allen anderen Abschnitten der Mauer dieser Begleitweg auf beiden Seiten bestand. Hier im Zwischenreich aber war auf der einen Seite Wiese und auf der anderen Sumpf.

Diese große Leere war allerdings wegbereitend für die spätere Bebauung, die den Bezirk bis heute prägt. Auf diesen einsamen Wiesen wurde in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts der einzige Bahnhofskomplex innerhalb der Stadtmauern errichtet, denn hier war Platz. Damit entstand auch eine zusätzliche Passierstelle ohne offizielles Tor, die Durchfahrt für die Züge, die erstmals 1842 in den Stadtplänen zu finden ist. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Warschauer Brücke noch nicht. Sie wurde erst 1872 errichtet, als die Vielzahl an Schienen eine Brücke unumgänglich machte.

Die Bahnhöfe haben Friedrichshain geprägt – nicht nur die Entwicklung des wilden Vergnügungsviertels um den ehemaligen Ostbahnhof in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern auch die Mitte der 1990er Jahre entstandene Clublandschaft, die vielfach alte Industriegebäude genutzt hat bzw. immer noch nutzt.